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Segelsport – Sponsorenparadies oder Closed Circle?

Als Schleswig-Holsteiner muss ich das Wasser mögen. Und zwangsläufig auch den Sport auf dem Wasser. Damit bin ich wahrlich kein Außenseiter. Alleine in Deutschland interessierten ca. 9 Mio. Menschen, d.h. 14% der Gesamtbevölkerung zwischen 14 und 69 Jahren, für den Segelsport. Dank dieser durchaus imposanten Zahl ist Deutschland zumindest nach absoluten Zahlen vor Italien der größte Segelmarkt in Europa. In der Rangliste der Segelinteressierten in Europa folgen auf den nächsten Plätzen Frankreich, Spanien, Großbritannien, die Niederlande sowie die Schweiz mit beachtlichen 1,11 Mio. segelsportinteressierten Einwohnern.

Sozio-demographische Daten machen den Segelsport spannend

Warum sollen sich Sponsoren im Segelsport engagieren? Um sich dieser Frage auch nur ansatzweise nähern zu können, muss mansich auch qualitative Merkmale anschauen, mit welchen die Segelsportinteressierten beschrieben werden.

Erst dann kann die Sportart auf Ihre Tauglichkeit für Sponsoren überprüft werden. Danach können Sponsoren im Segelsport eine im Durchschnitt männliche und zahlungskräftige Zielgruppe im Alter von 25 bis 55 Jahren erreichen. Schon die Imagedimensionen, welche dem Segelsport zugestanden werden (Teamgeist, Leistung, Hightech, Präzision, Dynamik, Innovation, Pioniergeist, Internationalität und Professionalität), lassen erahnen, dass das Image der Sportart primär Personen mit überdurchschnittlichem Lohn- und Bildungsniveau anspricht. Die detailliertere Analyse der Segelsportgemeinde beweist: in dieser Gruppe befindet sich eine hohe Anzahl von Multiplikatoren. Auch unterscheiden sich die soziodemographischen Merkmale der Segelsportanhänger, zumindest in Großbritannien, Frankreich, England und den USA, kaum voneinander. So kann von einer auch international verhältnismäßig homogenen Gruppe ausgegangen werden. Also: eine spannende Zielgruppe für Sponsoren.

Ist der Segelsport tatsächlich das Sponsorenparadies?

Fangen wir mal ganz vorne an: Sponsoren können – abhängig von der Ausgestaltung der Sponsoringverträge und dem Umfang der darin enthaltenen Leistungspakete – ihr Logo auf zahlreichen Flächen auf den Yachten in ansprechender Größe und prominent platziert anbringen (bspw. Spinnaker, Mast und Rumpf). So weit – so gut. Blöd nur, dass die pure Logopräsenz in den seltensten Fälle ausreicht. Daher ergänzen viele Sponsoren Ihre Aktivitäten vor Ort und nutzen Segelsportveranstaltungen v.a. als Hospitality-Plattform. Aus der Sponsorensicht hat sich bspw. beim ehemaligen VELUX 5 OCEANS die Veranstaltung für den Hauptsponsoren Velux als optimale Plattform bestätigt, um ausgerichtet auf die Marke Velux, globale Geschäftskontakte zu knüpfen und Auf­merk­samkeit in relevanten Zielgruppe zu schaffen. Ich darf das mal so festhalten, ich war ja 2006 im Vermarktungsteam dabei.

Schwache mediale Präsenz als Hürde

Wäre es aber für den gesamten Segelsport nicht ideal, wenn auch in der breiteren Bevölkerung Aufmerksamkeit für Sponsoren geschaffen werden könnte? Genauso wie in allen Massensportarten gilt auch im Segelsport, dass Sponsoren die Möglichkeit haben (durch umfangreiche ergänzende Kommunikationsmaßnahmen) ihre Sponsoringbotschaft auch an sogenannte mittelbare Zuschauer heranzutragen. Gerade im internationalen Spitzensport werden die Medien als Multiplikator der Botschaft herangezogen und die Sponsoringwirkung auf diese Weise verstärkt. Der Segelsport allerdings hat zwar laut zahlreichen Umfragen eine akzeptable Anzahl von Segelinteressierten, die mediale Präsenz (insbesondere im TV) fällt aber doch arg überschaubar aus. Kurzum: Der internationale Segelsport findet abseits des America´s Cup bzw. der Vendee Globe kaum mediale Beachtung und wird oftmals nur von den einschlägigen Fachmagazinen thematisiert.

Volvo Ocean Race 2014 | Start der 2. Etappe von Kapstadt nach Dubai (Quelle: The Ocean Race)

Massenuntauglicher Nischensport …?!

Obwohl der Segelsport in den letzten Jahren einen Aufschwung erfahren hat und kaum mehr als Nischensportart daher kommt, sind sogar Spitzenveranstaltungen wie das ehemalige Velux 5 Oceans unbekannt. Dieses wird durch den Umstand verstärkt, dass es bis dato nicht gelungen eine für Laien verständliche Wettkampstruktur zu etablieren. So gestaltet sich der internationale Segelsport mit der Vielzahl an Regatten, Bootsklassen und Veranstaltungen zunächst mehr als unübersichtlich. Man kann salopp sagen: Interessanter Sport, noch interessanter wäre er nur noch, wenn ihn jemand verstehen würde. Ich oute mich da gerne: Ich schaue mir manchmal Veranstaltungen wie den America´s Cup im TV an. Und ich habe bislang null Plan, wann wer warum gerade führt. Nicht die beste Basis, um mich als dauerhaften Zuschauer zu gewinnen. Und wie mir geht es Millionen anderer Sportfans auch.

Paradies für Exklusivität

Insofern halte ich für mich fest: Hätte ich ein exklusives Produkt zu vermarkten, dann würde ich den Segelsport als wirkungsstarkes Tool nutzen. Für Produkte/Dienstleistungen mit Massencharakter finden sich andere Sponsorships mit einem passenderen Preis-Leistungs-Verhältnis. Daran wird sich auch nichts ändern, solange der Segelsport keine umfassenden Strukturveränderungen erfährt und sich v.a. aktiv einem größerem fachunkundigen Publikum öffnet.

Alex Thomson Racing mit HUGO BOSS-Jacht (Quelle: Facebook)

Trotz aller Komplexität kann der Segelsport allerdings mit einem Pfund wuchern, das ihn von zahlreichen anderen Sportarten abgrenzt: der Macht starker Bilder, die sich für exklusive Markeninszenierungen gerade anbieten.

Schauen wir nur Hugo Boss an. Mit  der seit mehr als 17 Jahren andauernden Partnerschaft mit dem britischen Skipper Alex Thomson konnte Hugo Boss Maßstäbe in Sache Markenauftritt setzen. Das Modelabel ist u.a. Namenssponsor der Rennyacht, mit der Thomson seit 2004 am sagenumworbenen Vendée Globe am Start ist. Hugo Boss nutzt den Mythos Vendée Globe für eine Art Überinszenierung des Segelsports, die aber durchaus funktioniert. So startet Thomson nicht nur mit der laut Hugo Boss weltweit ersten vollkommen schwarzen Segelyacht, sondern er wird auch in spektakulären Inszenierungen zum Gesicht der Kampagne. In einer legendären Aktion läuft Thomson u.a. im schwarzen Hugo Boss-Anzug den Mast der Yacht hoch, während dieser in Schieflage durch das Wasser rast. Nicht nur die Aktion an sich war atemberaubend, sondern auch die Art und Weise, wie es medial inszeniert wurde. Mehr als 10 Mio. User haben die Filme der drei Aktionen Keel Walk (2012), Mast Walk (2014) und Sky Walk (2016) auf Social Media-Plattformen angeschaut. James Bond-Feeling inklusive.

Mein Fazit

Ich habe höchste Anerkennung für die außergewöhnlichen Leistungen der Segelsportler und kann nur meinen Respekt für deren Abenteurlust und Mut zollen. Und ja – mich fesseln die herausragenden Bilder, die der Segelsport bietet. Für eine überschaubare Anzahl an exklusiven Sponsoren ist er das Paradies, für die Masse der Marken aber uninteressant.

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